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Die Verbandsgeschichte des BDÜ Landesverband Bayern e.V.

Als nach Ende des Ersten Weltkriegs Französisch als Diplomatensprache nicht mehr selbstverständlich war, wurden in den internationalen Beziehungen immer mehr Sprachmittler benötigt. Ein neuer Beruf entstand: Übersetzer und Dolmetscher im Diplomatischen Dienst. Der bekannteste Name in Deutschland aus dieser Zeit ist Gesandter Dr. Paul Schmidt, Dolmetscher aller deutschen Reichsregierungen von 1922 bis 1945.

Am Sitz des Völkerbundes in Genf entstand in den 1920er Jahren das erste Ausbildungsinstitut, dem in den 1930er Jahren das Universitätsinstitut in Heidelberg folgte. Simultandolmetschen war damals noch unbekannt. Es hielt seinen Einzug erst, als nach dem Zweiten Weltkrieg die Nürnberger Prozesse stattfanden, für die von den Amerikanern in Schnellkursen unter anderem auch Absolventen aus Genf ausgebildet wurden. Die Notwendigkeit der Verständigung mit den Besatzungsmächten rief ab 1945 eine Menge selbst ernannter Übersetzer auf den Plan, deren Qualifikation von niemandem nachgeprüft wurde.

Als die Wirtschaft wieder zu erstarken begann, konnten diese Zustände nicht mehr auf die leichte Schulter genommen werden, und so es war kein Zufall, dass der erste berufsständische Zusammenschluss 1947 in Nürnberg stattfand, wo schon sehr bald Handelsbeziehungen zu Südamerika aufgenommen worden waren. Entsprechende Bestrebungen nach einer berufsständischen Ordnung zeichneten sich gleichzeitig in München ab.

Den rastlosen Bemühungen von Hanns Dierssen war es zu verdanken, dass bereits im Jahr 1948 die Nürnberger und Münchner Organisationen fusionierten und mit der bayerischen ADÜF (Arbeitsgemeinschaft der Dolmetscher, Übersetzer und Fremdsprachenlehrer) die Keimzelle unseres heutigen Landesverbandes geschaffen wurde. Auch der oben erwähnte Dr. Paul Schmidt wurde dort Mitglied.

Dank der Initiative von Hanns Dierssen wurden weitere Verbände in anderen Bundesländern gegründet sowie im Jahre 1952 der Zusammenschluss vornehmlich süddeutscher Verbände im DDB (Deutscher Dolmetscher Bund) vorgenommen. Die Gründung des Dachverbandes BDÜ erfolgte dann 1955 in München. Auf Beschluss der Mitgliederversammlung nahm der bayerische Verband im Jahre 1957 den Namen „BDÜ Landesverband Bayern e.V.“ an und ist seither fast ständig durch ein Mitglied im Bundesvorstand vertreten.

Eines der Hauptanliegen von DDB/BDÜ war die Einführung einer Staatlichen Prüfung für Übersetzer und Dolmetscher, um dem Wildwuchs auf diesem Gebiet zu begegnen. Aufgrund der Kulturhoheit der Länder oblag die Durchsetzung dieses Ziels den Landesverbänden. In Bayern konnte dies dank des Sachverstandes des damaligen Ministerialrats Dr. Martz vom Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus schon im Jahre 1952 erreicht werden. Wer die Staatsprüfung erfolgreich abgelegt hat, kann seither die Mitgliedschaft im Verband erwerben.

Auf dem Gebiet der Übersetzer- und Dolmetscher-Ausbildung übernahm der Verband in Bayern anstelle des Freistaats die Initiative und gründete, ebenfalls 1952, das Sprachen- und Dolmetscher-Institut München e.V. (SDI), als dessen Direktor wiederum Dr. Paul Schmidt gewonnen werden konnte. Durch das Wirken des langjährigen Leiters nach dem Motto „Aus der Praxis für die Praxis“ erhielt die Ausbildung neue Dimensionen.

Die Zusammenarbeit mit der Justiz hingegen gestaltete sich mühsamer. Mit Anstrengung verbunden war auch die Durchsetzung des Status als Freiberufler und die Erstellung eines Berufsbildes, das sich durch die heutigen Umstrukturierungen in der Arbeitswelt ständig verschiebt. Der Schutz der Berufsbezeichnung konnte nicht durchgesetzt werden.

Durch die strengen Aufnahmekriterien wuchs der Verband nur langsam und blieb zunächst weitgehend auf München und Nürnberg ausgerichtet. Dank der heutigen technischen Möglichkeiten können Übersetzer inzwischen problemlos außerhalb der großen Ballungsräume tätig sein, und so finden sich mittlerweile im gesamten nord- und südbayerischen Raum Regionalgruppen, die den notwendigen Kontakt und Austausch untereinander bieten. Reine Sprach- und Fachgruppen gibt es bislang allerdings nur in München.

In seinen Anfängen erreichte der Landesverband bei weitem nicht die heutige Sprachenvielfalt, obwohl manches Mitglied bedeutend mehr Sprachen angegeben hatte, als heute in den entsprechenden Spalten des Mitgliederverzeichnisses zu finden sind. Auf der anderen Seite waren Angaben zu Fachgebieten damals eher rar. Mit dem raschen Fortschritt in der Technik und der zunehmenden Komplexität der zu übersetzenden Fachtexte ließ sich ein Zusatz „alle Fachgebiete“ jedoch schon bald nicht mehr halten.

Ähnlich gravierende Verschiebungen gab es auch in der Bedeutung mancher Sprachen. So waren seltene, also nur von einzelnen Dolmetschern/Übersetzern angebotene und eben nur wenig nachgefragte, Sprachen schon von Anfang an im Landesverband zu finden. Manch eine dieser früheren „Orchideensprachen“, zu denen damals auch Türkisch gehörte, ist heute stark vertreten und gar nichts Exotisches mehr. Im Mitgliederverzeichnis von 2012 sind von Albanisch bis Weißrussisch 49 Sprachen, einschließlich der Gebärdensprache, aufgeführt.

Zehn Jahre nach seiner Gründung zählte der Landesverband 184 Mitglieder für insgesamt 23 Sprachen. Bis 1968 war die Zahl der Mitglieder auf 236 angewachsen. Es dauerte dann noch einmal über ein Jahrzehnt, bis 1979 die Dreihunderter-Grenze übersprungen werden konnte. Danach aber beschleunigte sich das Verbandswachstum deutlich. Bereits 1984 nahm der Landesverband mit 496 Mitgliedern den zweiten Rang innerhalb des BDÜ ein und im Sommer 1996 konnte dann das 1000ste Mitglied begrüßt werden. Im Sommer 2012 erreichte der Landesverband Bayern die stolze Zahl von 1.450 Mitgliedern, einschließlich Studenten-, Auslands- und Seniorenmitgliedern.

Mit steigender Mitgliederzahl nahmen auch die Anforderungen an den ehrenamtlichen Vorstand im Hinblick auf Verwaltung und Leitung des Verbands stetig zu. Das „Zigarrenkistchen mit etwa 40 kleinen gelben Kärtchen”, das Anfang der 50er Jahre die damalige Geschäftsführerin und langjährige Ehrenvorsitzende Sigrid Kester übernommen hatte, hatte als „Sammlung der Geschäftsunterlagen“ längst ausgedient.

Im Jahr 1978 wurde in der Amalienstraße, mitten im Münchener Universitätsviertel, die erste Geschäftsstelle eingerichtet. Seit 1986 arbeiteten dort auch festangestellte Kräfte, so dass der Verband für Kunden und Interessenten, aber auch für die Mitglieder gut erreichbar war.

Im März 2003 zog die Geschäftsstelle dann in größere Räume in die Baaderstraße um. Nun konnten dort endlich auch Seminare stattfinden. Die Ausweitung des Fortbildungsprogramms gab nach nur fünf Jahren den Ausschlag für einen neuerlichen Umzug. Von September 2008 bis Dezember 2014 befand sich die Geschäftsstelle des BDÜ Landesverbands Bayern in der Luisenstraße direkt am Münchener Hauptbahnhof. Seit Januar 2015 ist unsere Geschäftsstelle in nochmals erweiterten Räumen in der Rottmannstraße (Nähe Stiglmaierplatz) zu finden.

Inzwischen haben wir einen neuen Höchststand von über 1500 Mitgliedern zu verzeichnen, Tendenz steigend.

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